Wie schon im Mai fordern wir Mainz 05 auf, sich bei der in Kürze stattfindenden Versammlung der DFL gegen einen Investor auszusprechen. Elementare Fragen, wie die nach der Garantie für Mehreinnahmen durch eine digitalere Vermarktung, werden weiterhin nicht beantwortet. Es ist ungewiss, ob die Beträge, die an den Investor abzuführen sind, letztendlich durch Mehreinnahmen kompensiert werden können.
Auch ist es sehr unglücklich, dass solch richtungsweisende Entscheidungen, die den Fußball für die nächsten 20 Jahre binden und beeinflussen, nicht auf breiter Basis diskutiert werden. Die fehlende Beteiligung der Mitglieder hat einen sehr faden Beigeschmack. Trotz einer leicht veränderten Herangehensweise sehen wir den erneuten Versuch, die Mehrheit der Clubs vom Einstieg eines Investors zu überzeugen, kritisch und lehnen diese Idee ab.
Wiederholt wird mit Zeitdruck gearbeitet, anstatt gemeinsam und mit Weitsicht an einer durchdachten Vision für den deutschen Fußball zu arbeiten. Modellen anderer Ligen blind nachzueifern, erscheint wenig zielführend; es existieren hier und dort verschiedene Grundvoraussetzungen. Jüngste Beispiele aus dem Ausland zeigen die negativen Folgen einer Abhängigkeit von einem Investor.
Sinnvoller erscheint es, die Alleinstellungsmerkmale des deutschen Fußballs herauszustellen, wie zum Beispiel die Mitgliederbasis, starke (unabhängige) Vereine und eine international einmalige Stadionkultur. Stattdessen werden weiterhin die extremen Ungleichgewichte in der Verteilung der Gelder zementiert.
Auch das neue Modell bevorteilt die Vereine im oberen Drittel der Liga wesentlich stärker als den Rest; hier dürfen die Vereine wesentlich weniger Verbesserungen auf der Einnahmenseite erwarten. In Verbindung mit der ohnehin schon ungerechten Verteilung der Medieneinnahmen manifestiert sich der gegenwärtig existente Zustand.
Der Investor bekäme entsprechend der Größe seines Anteils an einer dafür noch zu gründenden Liga-Firma direkt den entsprechenden Prozentsatz der aktuellen Medieneinnahmen. Der im neuen Entwurf geplante Puffer vom 300 Mio. € soll die neuen Abgaben an den Investor für die Vereine erstmal abfedern. Eine Modellrechnung sieht die Summe als für drei Jahre ausreichend an. Ab da müssten die Erlöse bereits um mehr als den Anteil des Investors gestiegen sein (denn von der Steigerung bekommt der Investor dann auch wieder seine Prozente), damit die Vereine erst einmal soviel hätten wie vor dem Deal und das liefe dann die nächsten 20 Jahre so weiter. Das klingt nicht sonderlich seriös.
Es bleibt also dabei: Es geht um Unmengen an Geld, das weiterhin ungerecht verteilt wird. Bei den enorm großen Summen um die es geht, bekommen natürlich die Vereine, die ohnehin schon jede Menge Geld bekommen, zusätzlich noch einmal viel mehr. Von der Demut, die die Vertretenden der Liga in der Corona-Pandemie postulierten, ist nichts mehr übrig geblieben. Es war ein Feigenblatt.
Zu guter Letzt bleibt festzuhalten, dass die Notwendigkeit des Einstiegs eines Investors rein für die Entwicklung eines OTT-Angebots, also einer Streaming-Plattform, nicht zwingend notwendig erscheint. Darüber hinaus bleibt der Begriff „Digitalisierung“ mehr als weitläufig und schwammig; er lässt viel Platz für Fantasie – von Fanseite aus betrachtet eher Negative.
Trotz stetig zunehmender Digitalisierung in unserem Leben, findet der Fußball weiterhin im Stadion statt. Der Moment, wenn die Emotionen auf den Rängen mit der Leidenschaft auf dem Spielfeld zusammenkommen und besondere Kräfte sich entwickeln, ist der, den wir alle so lieben. Damit das auch in Zukunft so bleibt, braucht es ehrlichen, echten Sport sowie erlebbare Fankultur und kein überkommerzialisiertes Produkt, das mehr im Internet, auf Instagram, TikTok oder YouTube stattfindet.
Supporters Mainz e.V., Dezember 2023