Gude 05er,
wir möchten an die morgen stattfindende Mitgliederversammlung des 1. FSV Mainz 05 e.V. erinnern und darauf aufmerksam machen, wie wichtig Eure Teilnahme ist. Demokratie erfordert aktive Beteiligung. Kommt deshalb zahlreich oder schaltet euch virtuell zu und nutzt die Möglichkeit Eure Meinung durch die Abgabe Eurer Stimme zu kommunizieren. Die Vorgänge im Vorfeld der Versammlung sollten uns alle dazu animieren, Dinge zu hinterfragen. Auch wir haben das in den vergangenen Wochen intensiv getan und möchten nochmals einige Punkte aufgreifen:
„Das gebietet schon der Respekt vor der Mitgliederversammlung als dem obersten Souverän unseres Vereins.“ Mit diesem Zitat dürfte die Wahlkommission des 1. FSV Mainz 05 e.V., in Person ihres Sprechers Professor Dr. Lars Leuschner noch mehr Fragezeichen auf die Gesichter der Mitglieder von Mainz 05 gezeichnet haben, als sie es bereits durch die Bekanntgabe des Wahlvorschlags zum Aufsichtsrat getan hat. Denn die Frage, wer denn nun die Entscheidung über die zukünftige Ausrichtung unseres eingetragenen Vereins in der Hand hat, darf seit der Verkündung der Kandidierenden für die Wahl des Aufsichtsrats durchaus in den Raum gestellt werden.
Mit der Aussage: „Die Auswahl von 16 Kandidatinnen und Kandidaten erfolgte auf Grundlage der Überzeugung, dass der Verein in der bevorstehenden Amtsperiode vor einer Reihe strategischer und gegebenenfalls auch personeller Entscheidungen steht, die für seine mittel- und langfristige Entwicklung von zentraler Bedeutung sind“ begründeten die Mitglieder der Kommission ihre Auswahl an Kandierenden für den Aufsichtsrat unseres Vereins. Eine Begründung, die die Kommission laut Satzung nicht hätte abgeben müssen und die sie vielleicht auch besser nicht abgegeben hätte. Denn wir sind jetzt wieder in einer ähnlich fragwürdigen Situation wie vor der Aufsichtsratswahl 2021. Auch hier sorgte die Auswahl bzw. die Nichtauswahl von Kandierenden für Diskussionen über die Befugnisse der Wahlkommission sowie über die Rechte der Mitglieder des Vereins, ihren Verein zu gestalten.
Deshalb sollten wir uns als Mitglieder dringend dieser Frage widmen und uns mit diesen Vorgängen auseinandersetzen. Grundsätzlich ist es so, dass die Mitgliederversammlung das höchste Organ des Vereins ist. Sie wählt den Aufsichtsrat, den Vereinsvorsitz sowie die Mitglieder der Wahlkommission und des Ehrenrats. Diese beauftragt sie mit der Ausführung der ihnen laut Satzung zustehenden Aufgaben und Befugnisse.
Diese Aufgaben und Befugnisse umfassen für die Wahlkommission, die von der Satzung aufgeführten Kriterien der Kandidierenden zu prüfen und eben dafür zu sorgen, dass ein ausgewogenes Kandidierendenfeld zur Auswahl steht. Die Wahlkommission hat sich laut ihrer Geschäftsordnung Folgendes zur Aufgabe gemacht: „Bei der Vorauswahl ist darauf zu achten, dass die Aufsichtsratswahlliste möglichst gleichmäßig unterschiedliche Kompetenzbereiche (sportliche, wirtschaftliche, juristische und sonstige Kompetenzen) abdeckt.“
Nichts ist jedoch von einer Bewertung der Kandidierenden anhand strategischer oder personeller Entscheidungen bezüglich der Zukunft des Vereins zu lesen und ob die Kandierenden diese Fragen so beantworten können, wie es sich die Mehrheit der Wahlkommission vorstellt. Genau hier entsteht das erste dicke Fragezeichen bezüglich der Begründung des Wahlvorschlags. Denn um noch mal auf den Anfang zurückzukommen: „Der oberste Souverän des Vereins ist die Mitgliederversammlung“. Eine Vorauswahl dann in dieser Form zu begründen heißt, dass man entweder mehrere Wahlvorschläge auf den Tisch legen muss und den Mitgliedern wirklich die Wahl lässt, über die Zukunft ihres Vereins zu entscheiden oder das Feld muss so breit aufgestellt sein, dass sich alle möglichen Meinungen wiederfinden. Aktuell schien es so, dass die Wahlkommission sich diese Fragen beantworten ließ und dann die Kandidierenden, die die Antwort zur Zufriedenheit der Wahlkommission beantwortet haben, ausgewählt hat. Inwiefern das wiederum die Meinung der Mitgliederversammlung abdeckt, ist durchaus zu hinterfragen. Denn diese Begründung des Wahlvorschlags ist letztlich eine politische und das steht der Wahlkommission auf keinen Fall zu.
Wie bereits ausführlich öffentlich diskutiert wurde, ist ein weiterer fragwürdiger Punkt im Wahlvorschlag der Wahlkommission die Nicht-Berücksichtigung von aktuellen Aufsichtsratsmitgliedern, die wieder kandidieren wollten. Auch hier ist die Frage, wer hier welche Rechte und Pflichten hat? Denn wie zuvor beschrieben betrauen die Mitglieder die Organe des Vereins mit ihren Aufgaben. Ebenso bringen sie den Amtsträgerinnen damit einen immensen Vertrauensvorschuss entgegen, um diese Aufgaben und Pflichten in ihrem Interesse auszuüben. Daher sollte es auch allein den Mitgliedern zustehen, über einen Verbleib einer Person in ihrem Amt zu entscheiden, sofern sie sich wieder um ein Amt bewirbt. Das heißt konkret, es ist zutiefst undemokratisch, den Mitgliedern die Bewertung ihrer vorherigen Wahl abzunehmen und bisher gewählte Amtsträger nicht mehr zur Wahl zuzulassen, gleichzeitig aber bei der letzten Wahl durch die Mitgliederversammlung nicht gewählte Kandidierende ein weiteres Mal zuzulassen. Es ist wenig verwunderlich, dass sich immer weniger Menschen an demokratischen Prozessen beteiligen, wenn diese selbst auf der Ebene der Vereine so sehr konterkariert werden. Der Glaube junger Menschen in die Demokratie wird hier bereits früh geschwächt.
Passenderweise bezeichnete der jetzige Sprecher der Wahlkommission Prof. Dr. Leuschner im Jahr 2021, als er in einem AZ-Interview die Vorgänge rund um Mainz 05 als Außenstehender bewertete, diese noch als ein absolutes No-Go. In eben jenem Artikel stellte er selbst die Frage, wie mächtig die Wahlkommission sein darf und lieferte sogar konkrete Vorschläge, die eine Wiederholung des Debakels von 2021 verhindern könnten. Er wollte damit dafür sorgen, dass die Position der Mitgliederversammlung eben nicht durch die Wahlkommission untergraben werden kann. Zudem kritisierte er den bestehenden „Funktionärskreisel“, da sich die Organe durch das jeweilige Vorschlagsrecht selbst erhalten könnten. Im Anschluss bewarb er sich mit diesen Ansätzen um einen Posten in der Wahlkommission und erhielt das Vertrauen der Mitglieder, im Wissen, dass er als ausgewiesener Experte im Bereich Vereinsrecht gilt und demnach auch die Expertise besitzen sollte, die Satzung innerhalb seiner dreijährigen Amtszeit entsprechend anzupassen, wie von ihm selbst gefordert. Wir hoffen, dass im nächsten Jahr die Mitglieder hier die Chance nutzen, darüber zu entscheiden; ob ihr Vertrauen in die Wahlkommission gerechtfertigt war.
Eine der vielen aufgeworfenen Fragen ist nun, wie man mit dieser Situation umgeht. Nachdem wir diese Situation, wie beschrieben, schon einmal durchlebt haben, ist es an der Zeit, die Reglungen rund um die Wahlkommission auf den Prüfstand zu stellen. Der aktuelle Fall grenzt an einen Versuch, die Mitglieder für dumm zu verkaufen, wenn nahezu die gleichen Fehler sich wiederholen und die Wahlkommission erneut die Mitglieder entmündigt. Wir möchten nochmal daran erinnern: „Die Mitgliederversammlung ist der höchste Souverän dieses Vereins und das gilt es zu respektieren!“ Deshalb erwarten wir, dass der Vorstand dazu beiträgt, den Mitgliedern einen vernünftigen und transparenten Vorschlag der Kandidierenden zu präsentieren und fordern eine kurzfristige Lösung für die morgige Versammlung.